Als Baby kam er zu einer Pflegemutter, die zuvor ihr eigenes Kind getötet hatte. Er wurde selbst zum Mörder.
270 Seiten. So dick ist der Akt von Walfried Janka. Das erste Mal in Händen hält er ihn im Jahr 2016. Das erste Mal sollte er die grausame Wahrheit über seine Kindheit lesen. Nein, er hat sich das alles nicht eingebildet. Immer wieder dachte er, vielleicht bin ich wirklich verrückt? Immerhin haben ihn alle immer den Dummen, den Vollkoffer, den Behinderten genannt. Die Pflegemutter, die Lehrer, die Mitschüler, ja sogar Psychologen und Ärzte, die Gutachten über ihn erstellt haben. Aber da, auf diesen 270 Seiten, steht es. Schwarz auf weiß. Mit Schreibmaschine abgetippt. Das 16-jährige Martyrium eines Kindes, das in der Obhut des Staates misshandelt, missbraucht, und gedemütigt wurde und dem jegliche Chance auf ein glückliches, zufriedenes Leben genommen wurde. „Mein ganzes Leben war ein Kampf“, sagt Walfried heute mit seinen 52 Jahren und raucht sich eine Marlboro an.
Diese Reportage erhielt den Dr. Karl-Renner-Publizistikpreis 2018.
Kategorien:Geschichten, Reportage