Verwaltungspraktika, freie Dienstverträge und Leiharbeit: Wie die Republik billige Mitarbeiter anheuert. Praktikumsrundfahrten, Kettenverträge und die finanzielle Ausbeutung junger Menschen sind in vielen Branchen der Wirtschaft üblich. Sollte nicht gerade der Staat hier eine Ausnahme bilden?
Wir starteten unsere Recherche mit der Versendung von Anfragen an die Zentralstellen der verschiedenen Ministerien, die Parlamentsdirektion und das BKA, später auch den Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof. Insgesamt wurden dabei knapp 60 Personen bzw. Mailkontaktadressen angeschrieben. Einige Ministerien antworteten prompt, andere wollten erst den Zweck unserer Recherchen erfahren oder antworteten überhaupt nicht. Viele sandten uns diverse parlamentarische Anfragebeantwortungen zu, die sich aber entweder nur auf Leiharbeitskräfte bezogen oder aber das als Sachaufwand abgerechnete Personal nicht näher differenzierten. Letztlich übermittelten jedoch beinahe alle Behörden aktuelle Zahlen, wobei sich das BMWF weiterhin auf eine Anfrage der Grünen aus dem Jahr 2012 berief und das BKA sich weigerte, genauere Auskünfte zu erteilen. Die Parlamentsdirektion legte, obwohl der Parlamentsdirektor und drei weitere Personen angeschrieben worden waren, ihre Zahlen erst offen, nachdem das Präsidium des Nationalrates mitbefasst worden war. In einem zweiten Schritt wandte sich paroli direkt an freie Dienstnehmer, Leiharbeiter und Verwaltungspraktikanten, wobei manche Kontakte auch durch die persönliche Betroffenheit eines der Mitautoren, Moritz Moser, zustande kamen. Andere prekär Beschäftigte konnten über die öffentlich zugänglichen Organigramme der Ministerien ermittelt werden, in denen sie entweder als Verwaltungspraktikanten oder ohne sonstige Zusätze (wie VB für Verwaltungsbedienstete) geführt wurden. Die Namen der Betroffenen, die bereit waren, uns ihre Erfahrungen mitzuteilen, wurden schließlich anonymisiert, um diese vor etwaigen Repressionen zu schützen. Etliche Betroffene, die von paroli kontaktiert wurden, waren jedoch unter Verweis auf die Angst vor Kündigungen oder Karriereproblemen nicht bereit, sich zu äußern.
Schließlich wurden über 40 Personal- und Gewerkschaftsvertreter in den betroffenen Behörden angeschrieben. Die einzige Antwort erhielten wir von einem Personalvertreter der Richter und Staatsanwälte, der uns bestätigte, in seinem Zuständigkeitsbereich kämen solche Beschäftigungsverhältnisse nicht vor. Trotz mehrfachem Nachfragen kam eine Stellungnahme der Personalvertretungen im Bundesdienst, des Bundes-ÖGB oder der GÖD nicht zustande. Lediglich Gernot Nischelwitzer von der Personalvertretung im Amt der Kärntner Landesregierung war bereit mit uns über seine Erfahrungen im Umgang mit prekären Beschäftigungsverhältnissen im öffentlichen Dienst zu sprechen.
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(paroli Magazin, September 2013)
(Foto: BKA/HOPI-Media)
Kategorien:Investigativ