Grobe Missstände in Wiener Behindertenwohn­heim

Die adäquate Betreuung der schwer- und mehrfachbehinderten Kinder wurde durch Inkompetenz und fehlendes Verantwortungsgefühl der Geschäftsführung unmöglich gemacht – so lautet der Vorwurf mehrerer Mitarbeiter und Ex-Mitarbeiter. Diakonie gibt ab.

Ihr schlechter Ruf eilt der „Steinergasse“ – in der Szene jedenfalls – voraus. Gemeint ist das betreute Wohnheim für behinderte Kinder und Jugendliche im 17. Wiener Gemeindebezirk: Sechs unterschiedliche Hausleitungen innerhalb der letzten 12 Jahre, eine generell auffällig hohe Fluktuation der Mitarbeiter und bereits im Jahr 2007 wurde über Missstände in dem Haus berichtet.

Fast zehn Jahre später gibt es erneut Vorwürfe des aktuellen Personals und ehemaliger Mitarbeiter, die dem KURIER vorliegen: Monatelanges Warten auf Arztvisiten, falsche Medikamentenabgabe, Verabreichung von unverträglichen Nahrungsmitteln, unnötige Darmeinläufe, ungeschultes Personal nimmt Pflegehandlungen vor (so auch die Haushälterin), Personalmangel und hohe Fluktuation der Mitarbeiter – daraus resultierende Verhaltensauffälligkeiten der Kinder bis hin zur Selbstverletzung, häusliche Probleme bei den Kindern, denen nicht nachgegangen wird – verabsäumte Gefahrenmeldungen, ausstehende Gesundheitskontrollen in allen Bereichen, Flüssigkeitsmängel, grobe Dokumentationsfehler, Schmerzproblematiken und starke Gewichtsverluste der Kinder.

 „Nie jemand am Werk, der Ahnung hat“

Laut Vorwürfen von Mitarbeitern seien die Probleme auf die verantwortungslose und inkompetente Leitung von Seiten des Diakoniewerks, welches die Steinergasse als Trägerverein betreibt, zurückzuführen. Seit Monaten sei die adäquate Betreuung der Kinder nicht mehr gegeben, daraus resultierten massive Missstände und Vernachlässigungen in der Pflege und der Betreuung. Auf mehrfachen Hinweis von Seiten der Mitarbeiter habe das Diakoniewerk, allen voran Wien-Geschäftsführer Daniel Dullnig, nicht reagiert. Die Missstände würden sowohl den organisatorischen als auch den gesundheitlichen Pflegebereich betreffen. Viele Abläufe seien chaotisch und unstrukturiert. „Kein einziger Vorgang war verständlich, logisch oder effizient“, sagt eine ehemalige Mitarbeiterin. Die Ablage von Befunden, Stuhllisten oder anderen Dokumenten sei ein katastrophales Durcheinander, dadurch seien immer wieder Fehler passiert, weil niemand im Haus den Überblick bewahren konnte. „All das zeigt nur, dass hier nie jemand am Werk war, der Ahnung von einem derartigen Betrieb hat.“

Zwischen Wäschekörben am Esstisch seien die Dokumente sortiert worden, fehlerfreies Arbeiten sei unmöglich gewesen. Bereits über Jahre hinweg hätten sich so die Problemfelder angehäuft. Und immer sei weggeschaut worden. Dabei seien die vorhanden Ressourcen an und für sich ausreichend gewesen. „Man hätte die Kinder wunderbar betreuen können, aber das vorherrschende Chaos hat es nicht zugelassen“, so ein ehemalige Hausleitung zum KURIER.

Die meisten Kinder in der Steinergasse sind nicht imstande, alleine zu essen und zu trinken. Daher muss der notwendige Bedarf an Flüssigkeit festgehalten werden. „Bei manchen waren am Ende des Tages bloß ein paar Schluck Wasser dokumentiert – also viel zu wenig – und selbst darauf gab es keine Reaktion“, so eine Betreuungskraft des Hauses. Wegen mittlerweile akuten Personalmangels seien nicht einmal genügend Betreuer vor Ort, um mit einem Kind, das Zahnschmerzen hat, einen Arztbesuch zu erledigen. Dringend seien fachärztliche Abklärungen notwendig, um Anti-Epileptika zu verordnen, Medikationen zu verändern oder Kinder mit Halluzinationen zu behandeln. Das ständige Kommen und Gehen der Mitarbeiter führe zu etlichen Fehlern, mittlerweile würden miserable Zustände herrschen. Es soll sogar so weit gehen, dass die Haushälterin heikle Pflegehandlungen durchführen müsse.

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